Naturrandschalen – Arbeiten mit Spannung, Form und Charakter
Ein Blog über Naturrandschalen – warum eigentlich? Ganz einfach: weil es unglaublich viel Spaß macht, sie zu drehen, weil ich immer wieder fantastisch schöne Schalen sehe – aber leider auch manchmal erschreckend misslungene! Und außerdem gibt es immer praktische Erfahrungen und Tipps, die man teilen kann …
Eine Naturrandschale aus einem massiven Stück Holz mit noch vorhandener Rinde zu drehen, ist etwas ganz Besonderes. Wenn eine scharfe Schaleisen sanft durch frisches Holz gleitet, wird selbst der mürrischste Drechsler sofort wieder gut gelaunt. Und wenn man so eine Schale verkauft oder verschenkt, hört man fast immer ein ehrliches „Ooooh“ oder „Aaaah“.
Man arbeitet mit Holz, das noch lebt – mit Spannungen, Feuchtigkeit, Rinde, wilden Formen und unvorhersehbaren Strukturen. Genau das macht diese Schalen so einzigartig. Kein Stück gleicht dem anderen. Holz mit herausforderndem Charakter – denn Risse, Barsten und Verzug lauern immer im Hintergrund.
Beim Drechseln versuche ich, der natürlichen Form des Holzes so weit wie möglich zu folgen. Der Rand bleibt rau und organisch, während Innen- und Außenform ruhig und sauber ausgearbeitet werden. Dieser Kontrast zwischen kontrollierter Form und natürlichem Rand macht eine Naturrandschale für mich besonders spannend.
Wenn die Schale fertig ist, sind keine Drehspuren mehr sichtbar, der Rindenrand ist überall gleichmäßig dick, und eine einzige, fließende Kurve läuft vom elegant kleinen Fuß bis zum höchsten Punkt des Randes.
Auf meinen sozialen Kanälen tauchen allerdings auch immer wieder ganz andere Beispiele auf …


Meine persönliche Vorliebe gilt daher ganz klar Schale Nummer 2. Aber wenn du anderer Meinung bist, höre ich das natürlich gern – über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.
Frisches Holz und die Risiken
Da Naturrandschalen oft aus frischem Holz gedreht werden, befindet sich noch viel Feuchtigkeit im Material. Diese Feuchtigkeit will – und muss – aus dem Holz heraus, doch das geschieht nicht immer gleichmäßig. Die Folge sind innere Spannungen, Risse und manchmal sogar komplette Brüche. Und das wäre sehr schade, wenn bereits so viel Arbeit in dem Stück steckt.
Deshalb versuche ich, den Trocknungsprozess so gut wie möglich zu verlangsamen und zu kontrollieren, anstatt das Holz einfach machen zu lassen. Das beginnt bereits beim Drechseln mit einer gleichmäßigen Wandstärke und einer ordentlich geschliffenen Oberfläche.
Esacryl Aqua
Nach dem Drechseln und dem groben Schleifen trage ich häufig Revivo Esacryl auf. Dieses Produkt ist wasserbasiert und verbindet sich mit der Feuchtigkeit, die noch im frischen Holz vorhanden ist. Während des Trocknens härtet Esacryl im Holz aus, wodurch:
- die Oberfläche stabiler wird
- die inneren Spannungen gleichmäßiger verteilt werden
- und die Gefahr von Rissen und Bruchstellen deutlich reduziert wird
Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass sich das Holz nach dem Trocknen wesentlich leichter schleifen lässt. Gerade bei empfindlichen Naturrändern und problematischen Hölzern ist das ein enormer Gewinn.
Für mich ist das eine ideale Methode, Naturrandschalen kontrolliert trocknen zu lassen, ohne dass sie ihren natürlichen Charakter verlieren.
Wofür ist Esacryl eigentlich gedacht?
Revivo Esacryl wurde ursprünglich als Holzverfestiger entwickelt. Es wird eingesetzt, um:
- schwaches, sprödes oder poröses Holz zu verstärken
- Holz vor der weiteren Bearbeitung zu härten
- und die Struktur empfindlicher Materialien dauerhaft zu stabilisieren
Es handelt sich um ein wasserbasiertes Produkt, das in das Holz eindringt und dort während des Trocknens aushärtet. In der Restaurierung und Holzverarbeitung wird es eingesetzt, um Material wieder ausreichend „Substanz“ zu geben, bevor es geschliffen, bearbeitet oder endbehandelt wird.
Diese Eigenschaften machen Esacryl auch besonders geeignet für die Arbeit mit frischem Holz und Naturrändern.
Esacryl auch als Oberflächenfinish
Nach dem Feinschliff kann ich mich dafür entscheiden, eine zweite und sogar eine dritte Schicht Esacryl aufzutragen. In diesem Fall dient es nicht nur als Verfestiger, sondern auch als Oberflächenfinish. Das Holz erhält dann eine ruhige, natürliche Ausstrahlung, die an ein geöltes Finish erinnert.
Keine dicke Lackschicht, sondern eine natürliche Optik, die perfekt zum Charakter einer Naturrandschale passt.
Wichtiger Hinweis zur Verwendung
Nach vollständiger Aushärtung ist Esacryl sicher für dekorative Anwendungen und leichte Nutzungen, zum Beispiel als Obstschale. Es ist jedoch nicht für intensiven Kontakt mit feuchten Lebensmitteln vorgesehen und daher nicht geeignet für Suppenschalen, Salatschüsseln oder Schneidebretter.